Die folgenden Informationen sind ohne Gewähr und dienen lediglich der Aufklärung über die Funktionsweiße eines BMS (Battery Management System). Unsere Techniker sind Profis und reparieren jeden Tag Akkus und BMS aller Art. Von der eigenständigen Reparatur ihres Akkus raten wir ausdrücklich ab! Ein Akku ist ein sehr diffiziles und potenziell gefährliches Objekt, es besteht Brand- und Explosionsgefahr. Wenn ihr Akku nicht mehr funktioniert, wenden Sie sich an uns: https://medimobility.de/e-bike-akku-reparatur/
Auf der folgenden Website gibt es eine umfassende Sammlung an Informationen zu bekannten Problemen der Bosch Classic Line: http://classic-help-desk.de/Home
Bosch Powerpack
Bosch Powerpacks sind die Klassiker unter den E-Bike-Akkus. Die Reparatur des BMS ist ein komplizierter Prozess, der potenziell den gesamten Akku beschädigen kann. Unsere Techniker sind sehr erfahren und können weiterhelfen. In der Medimobility reparieren wir diese täglich.
Allgemeine Hinweise zur Behandlung des BMS:
- Der sogenannte BMS Reset: Ca. 10 Sekunden den Knopf auf dem BMS drĂĽcken, so wird das BMS neu gestartet. Der Akku selbst bzw. das BMS wird dabei nicht zurĂĽckgesetzt.
- Ganz wichtig, die Ansteckreihenfolge auf dem BMS beachten:
- Abklemmen: erst B+, dann den Balancer Stecker (klein, später groß), und schließlich B- (Masse).
- Anstecken: Zunächst B-, dann B+, anschließend Balancer-Stecker groß, dann klein. Sobald B- und B+ angeschlossen sind, sollte auf einem funktionierenden BMS die LEDs 1 und 5 angehen und für ca. 3 Sekunden leuchten. Das gilt auch, wenn noch kein Balancer angeschlossen ist.
Symptom: Der Akku scheint tot zu sein, obwohl die Zellspannung stimmt
Ein wiederkehrendes Problem: Der Akku gibt überhaupt kein Lebenszeichen mehr, weder Ladegerät noch Display geben irgendeine Reaktion. Beim Überprüfen der Zellspannung (nur durch Profis prüfen lassen!), wird jedoch festgestellt, dass die Zellen in Ordnung sind. Das folgende Vorgehen soll beispielhaft illustrieren, was eine häufige Fehlerursache sein kann.
Eine Überprüfung mit dem Messgerät ergibt, dass +5V am Pin des Ladegeräts vorhanden sind, folglich wird dies erst einmal als in Ordnung bewertet. Nun werden alle Pins am Akku gemessen, Ergebnis: komplett tot. Eine erste Analyse ergibt, dass auf der 5V-Line der IC-Spannungsversorgung ein Kurzschluss festgestellt werden kann. Angesichts dieser Erkenntnis ist nachvollziehbar, warum sich auf dem Board nichts mehr regt. Per Kältespray kann der Verursacher schnell identifiziert werden: Es ist eine 40 Volt Schottky-Diode der Spannungsversorgung. Ergebnis: 0 Ohm in beide Richtungen.
Nun muss „nur“ noch die Diode entfernt werden, per Labornetzteil kann direkt Strom eingespeist werden und alles funktioniert wieder. Die Diode (manchmal auch der Spannungswandler) gibt meist auf, wenn eine höhere Spannung (schlimmstenfalls die gesamte Akkuspannung) durchgelassen wird.
Ein Hinweis zu der Diode: Im Original ist eine 40 Volt 1A Diode verbaut, solange es auf das Board passt, kann aber auch eine 2A verbaut werden. Auch möglich sind z.B. eine SS14 oder SR140. Ein letzter Hinweis zu den Bauteilen: Die meisten der verbauten Komponenten auf dem BMS sind Industriestandard und frei im Handel erhältlich, d.h. der CAN-Controller, die MOSFETs (Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor), Regler usw.
In der Praxis gibt es meist nach der Reparatur des BMS keine Probleme, wenn Profis am Werk waren. Unter Umständen kann es jedoch sein, dass nach Austausch einer Schottky-Diode sich der Akku zwar laden lässt, am Intuvia-Display die Kilometer-Anzeige jedoch erst aktiviert wird, nachdem man, im eingebauten Zustand, die Reset-Taste betätigt hat. Zudem kann es sein, dass man zunächst mit aktiviertem Akku fahren muss, bevor der Akku automatisch erkannt wird.
Schließlich noch ein wichtiger Sicherheitshinweis: Wenn der Akku tiefentladen ist, darf auf keinen Fall mehr geladen werden und schon gar nicht genutzt werden. Hier droht ein unkontrollierter Zellenbrand, eine potenzielle Kettenreaktion („thermal runaway“) und somit Brand- bzw. Explosionsgefahr! Die Gefahren dieses Vorgangs und was man dagegen tun kann, haben wir hier detailliert beschrieben: https://medimobility.de/liosafe-akku-box-lithium-ionen-akkus-sicher-laden-lagern/
Das BMS eines Bosch Powerpack im Aufbau
Die eigentliche Platine, die für die BMS der Bosch Powerpack-Reihe benutzt wird, ist eine sog. 4-Layer-Leiterplatte. Dies kann man leicht erkennen, wenn man sie ins Gegenlicht hält und dabei auf die Leiterbahnen achtet: Neben den Balanceranschlüssen gibt es weitere Leiterbahnen als jene, die auf der Oberfläche sichtbar sind. Dies erschwert aber auch das Nachverfolgen von Leiterbahnen bzw. macht es teils sogar unmöglich. Die einzelnen Bestandteile der Platine sind Standardbauteile, die im Folgenden aufgelistet werden.
1: MOSFET-Transistor (Metalloxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren, oder kurz: MOSFET) 034N06N (https://www.infineon.com/dgdl/Infineon-BSC034N06NS-DS-v02_00-en.pdf?fileId=db3a304342371bb001424c65286a70be)
Diese Transistoren sind für die Freischaltung der Ausgangsspannung und im Bedarfsfall für die Abschaltung bei Unterspannung oder im Fehlerfall zuständig. Auffällig ist hierbei, dass die Trennung am + Zweig erfolgt. Bei beinahe allen anderen BMS-Modellen geschieht dies im – Zweig.
2: Zweifach-Mosfet FDS9958 (http://www.mouser.com/ds/2/149/FDS9958-1008467.pdf).
Diese beiden Transistoren sind parallel geschaltet. Sie schalten wahrscheinlich die drei parallel geschalteten MELF-Widerstände zwischen aktivierter Batteriespannung + gegen. Falls dies gegen Masse geht, übernehmen diese MOSFETs eventuell die Entladung des Akkus. Da einige Powerpacks beim „Deaktivieren“ des Akkus entladen werden und die Pins 5 und 7 des Chips auf Masse gehen, scheint dies höchstwahrscheinlich die Funktion dieser Transistoren zu sein. Wahrscheinlich würde dies durch das Entfernen des IC verhindert.
3: Step Down Converter TPS57160 (http://www.ti.com/lit/ds/symlink/tps57160-q1.pdf).
Bei einem Step Down Converter handelt es sich um einen Chip, der Spannungswandlung von einer hohen Spannung (Batterie) in eine niedrige steuert, die Ausgangsspannung liegt bei 5,8V. Mithilfe einer Diode wird diese ĂĽber einen Schaltvorgang und eine Spule (blaues Bauteil) erreicht.
4: 3V Wandler fĂĽr die MCU LP2985
Dieses Bauteil mit der Aufschrift LORA hat öfters einen Kurzschluss und hängt mit 2 Pins an der nahen 5V Spannung vom Step Down Converter.
5: Operationsverstärker LMV772 (http://www.ti.com/lit/ds/symlink/lmv772.pdf)
Dieser OPV übernimmt die Aufbereitung des Spannungsabfalls des Stromshunts, welcher wiederum zwischen den beiden schwarzen Leitungen (Akku und Anschluss –) hängt.
6: Unbekanntes Bauteil
7: Single FlipFlop 74LVC1G74 (https://assets.nexperia.com/documents/data-sheet/74LVC1G74.pdf)
8: Mikrocontroller (MCU) MPC5602D (https://www.nxp.com/docs/en/data-sheet/MPC5602D.pdf)
9: CAN Transceiver TLE6251-2G (https://www.infineon.com/dgdl/Infineon-TLE6251-2G-DS-v01_23-EN.pdf?fileId=5546d4625996c0c30159a766fb9977b8)
Dieser Can Transceiver dient der Pegel- und Protokollwandlung von CAN auf etwas UART-mäßiges. UART ist die 0-5V Variante von RS232.
10: BMS IC ISL94212 (https://www.renesas.com/us/en/www/doc/datasheet/isl94212.pdf)
Hierbei handelt es sich um einen der vielen verbauten „All-Inclusive-BMS-Chips“. Dieser kommuniziert über SPI mit dem Mikrocontroller.
BMS-Reset und BMS-Reparatur
In diversen Foren und technikaffinen Chatgruppen liest man öfters, dass man das BMS resetten könnte, indem man den EEPROM tauscht. Zunächst einmal ist kein dezidierter EEPROM auf der Platine verbaut und auch nach dem Tausch wird ein leerer Speicherchip nicht viel bringen. Der Mikrocontroller besitzt weiterhin einen Data Flash, der für diverse Funktionen verwendet wird.
Dass das BMS unbrauchbar wird, sobald der Akku abgeklemmt wird, kann man nicht so einfach beantworten. Prinzipiell kann der BMS-Chip jegliche Zellenspannung auslesen und entsprechend reagieren. Sollte die Spannung komplett abgenommen und wieder angeschlossen werden, würde der Mikrocontroller (MCU) neu starten. Ganz bestimmt lässt sich die Anzahl der Neustarts aufzeichnen, hierbei dürfte die MCU im Normalbetrieb über den gesamten Lebenszyklus des Akkus aber nie rebooten (bspw. weil sie sich „aufgehängt“ hat o.Ä.). Insgesamt also eher unwahrscheinlich.
Was jedoch möglich ist, ist dass der BMS-Chip stirbt, wenn die Hauptspannung (erkennbar am roten Kabel) abgenommen wird, bevor die Balancestecker gelöst werden. Als Fazit bleibt zu sagen: Technisch ist vieles möglich und fast alle Akkus bzw. BMS lassen sich von Fachleuten reparieren – gleichzeitig muss man jedoch ganz klar festhalten: Die Reparatur ist nicht einfach, oft macht unbedachtes Schrauben und Löten auf der Platine noch mehr kaputt, oder ist schlichtweg brandgefährlich. Deshalb: Akkus oder BMS gleich von Profis reparieren lassen.
Falls ihr Akku nicht mehr funktioniert, über dieses Formular können Sie bequem eine Reparatur in Auftrag geben: https://medimobility.de/reparatur-auftrag/